Illegale Autorennen auf öffentlichen Straßen sind kein Kavaliersdelikt, sondern ein ernstzunehmendes Risiko für alle Verkehrsteilnehmer:innen – und eine Straftat. In der Hansestadt Bremen und darüber hinaus nehmen Polizei und Justiz solche Vorfälle zunehmend ins Visier. Doch wann spricht man juristisch überhaupt von einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen? Welche Kriterien müssen erfüllt sein, und mit welchen Konsequenzen müssen die Beschuldigten rechnen?
Wir werfen einen genaueren Blick auf die rechtliche Lage – praxisnah und laienverständlich.
1. Was genau ist ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen?
Seit der Gesetzesreform 2017 regelt § 315d Strafgesetzbuch (StGB) die Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen „klassischen“ Rennen mit mehreren Fahrzeugen und sogenannten Alleinrennen, bei denen eine einzelne Person mit nicht angepasster Geschwindigkeit unterwegs ist, um Höchstgeschwindigkeiten zu erreichen.
Ein verbotenes Rennen im juristischen Sinn liegt dann vor, wenn:
- mindestens zwei Fahrzeuge mit dem Ziel antreten, schneller als andere zu fahren (Wettbewerbscharakter),
- absichtlich und mit Rücksichtslosigkeit eine besonders hohe Geschwindigkeit gefahren wird
- oder ein:e Fahrer:in alleine eine sogenannte „Rasertour“ unternimmt, um möglichst schnell von A nach B zu kommen – ohne auf andere Verkehrsteilnehmer:innen Rücksicht zu nehmen.
Alle Varianten gelten als Straftat – mit teils drastischen Folgen.
2. Der Fall zweier Autofahrer in Bremen: Raserei ohne Rennen?
In einem konkreten Fall aus Bremen wurde zwei jungen Männern vorgeworfen, sich auf einem Zubringer zur A1 in der Nacht ein illegales Rennen geliefert zu haben. Ihre Fahrzeuge, beide vom Typ Mazda MX-5, beschleunigten deutlich über die zulässige Höchstgeschwindigkeit hinaus – einer verlor sogar die Kontrolle und krachte in die Leitplanke.
Auf den ersten Blick klingt das nach einem klassischen Fall von § 315d StGB. Doch das Amtsgericht stand vor einer entscheidenden Frage: Lag wirklich ein verbotenes Rennen vor, oder handelte es sich „nur“ um fahrlässiges, wenn auch grob verkehrswidriges Verhalten?
3. Abgrenzung: Raserei ist nicht gleich Rennen
Das Gericht entschied: Die bloße Geschwindigkeitsüberschreitung – in diesem Fall über 98 km/h in einem 60er-Bereich – reicht nicht aus, um ein illegales Rennen zu unterstellen. Es fehlte an konkreten Beweisen für einen tatsächlichen Wettbewerbscharakter. Zwar war das Verhalten riskant und unvernünftig, jedoch konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass sich die Fahrer verabredet hatten oder gegeneinander fuhren.
Die Entscheidung macht deutlich: Für eine Verurteilung wegen Teilnahme an einem illegalen Kraftfahrzeugrennen müssen konkrete Umstände vorliegen – etwa paralleles Beschleunigen, wiederholtes gegenseitiges Überholen oder klare Absprachen.
4. Juristische Konsequenzen: harte Strafen bei eindeutiger Beweislage
Wenn ein verbotenes Rennen nachgewiesen wird, drohen empfindliche Strafen. Bereits der Versuch kann mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden – bei konkreter Gefährdung von Personen oder Sachen kann es sogar bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe geben.
Zudem ist regelmäßig mit folgenden Maßnahmen zu rechnen:
- Entzug der Fahrerlaubnis (oft für ein Jahr oder länger),
- Punkte in Flensburg,
- Fahrverbot,
- Beschlagnahme oder Einziehung des Fahrzeugs, insbesondere bei Wiederholungstäter:innen.
Auch zivilrechtlich kann es teuer werden – etwa bei Schäden an anderen Fahrzeugen oder Personen, bei denen die Versicherung Regressforderungen stellen kann.
5. Präzision in der Beweisführung entscheidend
Der Bremer Fall endete mit der Ablehnung der Verfahrenseröffnung – die Beweislage reichte nicht aus, um die Angeklagten wegen eines illegalen Rennens zu belangen. Das zeigt: In der juristischen Praxis ist die genaue Auslegung der Tatbestandsmerkmale entscheidend. Nicht jede gefährliche Fahrt erfüllt automatisch den Straftatbestand eines verbotenen Rennens.
Gerichte unterscheiden klar zwischen rücksichtsloser Raserei und strafbarem Rennverhalten. Eine individuelle, differenzierte Prüfung jedes Falls ist daher unerlässlich – ebenso wie eine professionelle Verteidigung durch erfahrene Fachanwält:innen für Verkehrsrecht.
Fazit: Zwischen Raserei und Rennen liegt ein schmaler Grat
Für Verkehrsteilnehmer:innen, die sich mit dem Vorwurf eines illegalen Kraftfahrzeugrennens konfrontiert sehen, ist schnelles Handeln gefragt. Denn die juristischen Folgen können gravierend sein – auch bei vermeintlich „harmlosen“ Fahrten. Gleichzeitig zeigen Fälle wie der aus Bremen, dass nicht jede riskante Fahrt gleich ein Rennen ist. Die Verteidigungsmöglichkeiten sind vielfältig, wenn die Tatbestandsmerkmale nicht eindeutig erfüllt sind.
Als spezialisierte Kanzlei im Bereich des Straf- und Verkehrsrechts stehen wir bereit, um Sie in allen Fragen rund um Verkehrsunfälle und die damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen zu unterstützen. Unsere Expertise reicht von der Beratung über die Geltendmachung Ihrer Ansprüche bis hin zur Vertretung in gerichtlichen Verfahren. Wenn Sie Unterstützung benötigen oder weitere Fragen zu den Auswirkungen eines Verfahrens wegen § 315d StGB haben, kontaktieren Sie uns gerne. Wir stehen Ihnen an unseren Standorten in Sulingen, Bremen, Osnabrück oder Online zur Verfügung.
FAQ’s zum Thema Verbotene Kraftfahrzeugrennen
1. Wann liegt ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen vor?
Ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen liegt vor, wenn mindestens zwei Fahrzeuge mit Wettbewerbscharakter gegeneinander fahren oder wenn ein:e Fahrer:in alleine mit stark überhöhter Geschwindigkeit und Rücksichtslosigkeit unterwegs ist. Entscheidend sind Ziel, Verhalten und Absprache.
2. Welche Strafen drohen bei einem illegalen Autorennen?
Je nach Schwere der Tat drohen Geldstrafen, Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren, der Entzug der Fahrerlaubnis sowie Punkte in Flensburg. Auch das Fahrzeug kann eingezogen werden.
3. Kann ich mich gegen den Vorwurf eines illegalen Rennens verteidigen?
Ja. Eine gute Verteidigung setzt an der Beweislage an. Wenn keine klaren Hinweise auf ein Rennen oder eine Verabredung vorliegen, kann der Tatvorwurf rechtlich angegriffen werden. Wir beraten Sie gern.