Die Kündigung muss ZUGEHEN – aber WIE?

 

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz: Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Vertragspartner zugehen, damit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses überhaupt wirksam wird. Das Zugangsdatum ist entscheidend, denn es bestimmt, wann die Kündigungsfrist beginnt und ob die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage eingehalten wurde.

Scheitert der Nachweis des Zugangs, ist die Kündigung unwirksam. Der Arbeitgeber schuldet weiterhin Lohn, das Arbeitsverhältnis besteht fort. Und genau hier liegt der Knackpunkt, der durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem wegweisenden Urteil vom 30. Januar 2025 (Az. 2 AZR 68/24) massiv verschärft wurde.

 

Das (alte) Dilemma des Einwurf-Einschreibens

Viele Arbeitgeber verlassen sich auf das Einwurf-Einschreiben. Die Logik scheint einfach: Das Postunternehmen bestätigt den Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers.

Die Annahme war: Die vom Postboten quittierte Zustellungsdokumentation reicht als Beweis.

Das BAG sagt nun: NEIN. Das Einwurf-Einschreiben beweist lediglich zwei Dinge:

  1. Dass der Arbeitgeber irgendeinen Brief bei der Post eingeliefert hat.

  2. Dass der Postbote ggf. irgendeinen Brief in den Briefkasten eingeworfen hat.

Was es NICHT beweist, ist, dass der eingeworfene Umschlag tatsächlich die Kündigungserklärung enthielt. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Umschlag leer war oder ein anderes Dokument enthielt. Der Arbeitgeber trägt aber die volle Beweislast dafür, dass die inhaltlich korrekte Kündigung beim Arbeitnehmer ankam.

Handlungsanweisungen für beide Seiten

 

💼 Arbeitgeber: Wie Sie Kündigungen jetzt rechtssicher zustellen

 

Das Vertrauen in das Einwurf-Einschreiben ist passé. Um teure Prozesse zu vermeiden, sollten Arbeitgeber auf unwiderlegbare Beweismethoden umstellen.

  1. Die Zustellung durch Boten (mit Zeugen):

    • Der sicherste Weg. Sie beauftragen einen Boten (Kurier), der das Kündigungsschreiben in den Briefkasten des Arbeitnehmers wirft.

    • Wichtig: Der Bote muss anschließend vor Gericht als Zeuge aussagen können, wann genau er welches Dokument (also die Kündigung) in den Briefkasten eingeworfen hat.

    • Tipp vom Fachanwalt: Lassen Sie den Boten das Dokument vor dem Einwurf nochmals kurz von einem zweiten, neutralen Zeugen sichten und vor Ort ein Foto/ Video anfertigen.

  2. Die persönliche Übergabe (mit Quittung):

    • Persönliche Aushändigung am Arbeitsplatz oder zu Hause.

    • Zwingend: Der Arbeitnehmer muss eine Empfangsbestätigung unterschreiben. Weigert er sich, muss sofort Methode 1 angewandt werden (der Überbringer wird zum Zeugen).

  3. Die Zustellung per Gerichtsvollzieher:

    • Die teuerste, aber juristisch fast unangreifbare Methode. Der Gerichtsvollzieher beurkundet die Zustellung.

Als Arbeitgeber benötigen Sie eine wasserdichte Strategie für alle Arten der Beendigung, sei es eine betriebsbedingte oder eine verhaltensbedingte Kündigung.

🧑‍⚖️ Arbeitnehmer:innen: Die Kündigung ist angreifbarer

Haben Sie eine Kündigung erhalten, die nur per einfachem oder Einwurf-Einschreiben zugestellt wurde?

  1. Fristenkontrolle ist oberste Pflicht: Sie müssen die Kündigungsschutzklage innerhalb von nur drei Wochen nach dem (vermeintlichen) Zugang einreichen. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft zugestellt wurde!

  2. Angriff auf den Zugang: Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht wird in der Klage ggf. den Zugang der Kündigung bestreiten. Der Arbeitgeber muss dann den Beweis antreten, dass das Schreiben rechtzeitig bei Ihnen ankam.

  3. Ihr Verhandlungsvorteil: Scheitert der Arbeitgeber vor Gericht mit dem Nachweis, hat er oft nur zwei Optionen: Entweder er nimmt die Kündigung zurück (mit Nachzahlung des Lohns) oder er zahlt eine hohe Abfindung, um das Arbeitsverhältnis doch noch zu beenden.


Als spezialisierte Kanzlei für Arbeitsrecht mit Fachanwalt für Arbeitsrecht sind wir auf diese juristischen Feinheiten spezialisiert. Wir:

  • Sichern für Arbeitgeber die Kündigungszustellung von Anfang an durch die richtige Strategie.

  • Nutzen für Arbeitnehmer jede prozessuale Schwäche, wie das fehlende Zugangsprotokoll, um die Kündigung anzugreifen.

Gerade in der emotional belastenden Situation einer Kündigung benötigen Sie eine nüchterne, juristisch fundierte Strategie.

Handeln Sie nicht auf gut Glück. Handeln Sie juristisch abgesichert!

 


📞 Sichern Sie Ihre Rechte – Kontaktieren Sie Ihren Anwalts Arbeitsrecht Fachanwalt

Egal, ob Sie eine Kündigung aussprechen oder erhalten haben: Die Zeit drängt. Wir stehen Ihnen mit unserer Expertise zur Seite, um Ihre Rechte durchzusetzen und die Fallstricke der aktuellen BAG-Rechtsprechung sicher zu umschiffen. Kontaktieren Sie uns!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

1. Ist das Einwurf-Einschreiben nach dem neuen BAG-Urteil nicht mehr sicher?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass das Einwurf-Einschreiben nur beweist, dass ein Brief eingeworfen wurde, aber nicht, dass dieser Brief die Kündigungserklärung enthielt. Der Arbeitgeber kann den Inhalt der Kündigung damit nicht beweisen und scheitert an seiner Beweislast, weshalb die Kündigung unwirksam wird.

2. Wie muss eine Kündigung nun rechtssicher zugestellt werden?

Die sichersten Zustellungswege sind die Zustellung per Boten oder Kurierdienst, wobei der Bote vor Gericht als Zeuge den Einwurf der Kündigung bezeugen kann, oder die persönliche Übergabe mit einer schriftlichen Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers.

3. Wie lange habe ich Zeit, gegen eine Kündigung vorzugehen?

Als Arbeitnehmer:in müssen Sie die Kündigungsschutzklage innerhalb von nur drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Diese Frist ist zwingend. Wir empfehlen, sofort nach Erhalt der Kündigung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren.

4. Was passiert, wenn die Zustellung der Kündigung fehlerhaft war?

Ist der Arbeitgeber nicht in der Lage, den Zugang der Kündigung fristgerecht und beweisbar zu belegen, gilt die Kündigung als unwirksam. Das Arbeitsverhältnis besteht in diesem Fall fort, und der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug und schuldet dem Arbeitnehmer den Lohn.

Björn Steveker 
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Nazanin Khoei
Rechtsanwältin

Björn Steveker 
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Nazanin Khoei
Rechtsanwältin

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