Björn Steveker
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Nazanin Khoei
Rechtsanwältin
Kurz gesagt: Nach einer Kündigung entscheidet eine saubere Erststrategie darüber, ob Sie eine gute Einigung erzielen, die Beschäftigung sichern oder Prozesse vermeiden. In Bremen ist regelmäßig das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven zuständig. Für beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – gilt: Fristen einhalten, Fakten strukturiert aufbereiten, Beteiligungsrechte beachten.

3-Wochen-Frist: Eine Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Gericht eingehen. Das ist für Arbeitnehmer die zentrale Frist; Arbeitgeber sollten darauf achten, Zugang und Datum dokumentierbar zu gestalten
Unterlagen bündeln: Arbeitsvertrag, Nachträge, Abmahnungen, Leistungs-/KPI-Auswertungen, Einsatz-/Dienstpläne, Anhörungsschreiben an Betriebs-/Personalrat, BEM-Protokolle. Arbeitgeber sollten die Personalakte prüffähig ordnen; Arbeitnehmer sollten eigene Belege sichern.
Kommunikation steuern: Keine vorschnellen Unterschriften unter Aufhebungsverträge. Arbeitgeber vermeiden überhastete Schreiben; besser prüffähige Begründung und Beteiligungsverfahren sauber abschließen.
Annahmeverzug im Blick: Widersprüchliche Signale – etwa fristlose Kündigung und gleichzeitiges Angebot zur Weiterbeschäftigung – können zu Annahmeverzug führen (BAG, Urt. v. 29.03.2023, 5 AZR 255/22). Für beide Seiten ist hier Klarheit entscheidend.

Eine Abfindung gibt es in der Regel nicht automatisch. In Bremen werden Abfindungen häufig im Vergleich verhandelt – oft schon im Gütetermin.
Arbeitnehmer-Sicht: Verhandlungsposition speist sich aus Prozessrisiken des Arbeitgebers (z. B. formale Fehler, schwache Kündigungsgründe, Auswahlrichtlinien) und aus Faktoren wie Betriebszugehörigkeit oder Beschäftigungschancen.
Arbeitgeber-Sicht: Einigung ist sinnvoll, wenn sich Risiken abzeichnen (z. B. strittige Sozialauswahl, BEM lückenhaft). Wichtig sind klare Vergleichsbedingungen (Beendigungsdatum, Zeugnis, Freistellung, Rückgabepflichten, Wettbewerbs-/Verschwiegenheitsklauseln)
Für die Region Bremen besonders relevant: Personalrats-/Betriebsratsbeteiligung. Fehler bei der Anhörung oder beim Personalvertretungsverfahren können eine Kündigung kippen .
Arbeitnehmer sollten Anhörungsunterlagen anfordern und Zeitabläufe dokumentieren (Einladung, Stellungnahme, Beschlusslage).
Arbeitgeber sollten das Verfahren nachweisbar und fristgerecht gestalten (Adressat, vollständige Tatsachen, richtige Beteiligungsform).

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat fristlose Kündigungen zweier Servicemitarbeiter des Bürgertelefons gehalten, weil über Monate deutlich zu geringe Telefoniezeiten belegt waren (ArbG Bremen-Bremerhaven, Pressemitteilung v. 14.12.2023).
Für Arbeitnehmer: „Minderleistung“ ist kein Automatismus. Entscheidend ist, ob messbare, belastbare Daten vorliegen und ob Vergleichsgruppen und Rahmenbedingungen (Schulung, Zuweisung von Anrufen, Technik) berücksichtigt wurden.
Für Arbeitgeber: Leistungsdefizite müssen konkret dokumentiert und steuerbar sein (Hinweise, Zielvereinbarungen, ggf. Abmahnung). Ohne belastbare Vergleichbarkeit wird es schwierig.
Gütetermin: Ziel ist eine einvernehmliche Lösung. Hier lassen sich Abfindung, Beendigungsdatum, Zeugnis und Freistellung sachlich festziehen. Arbeitgeber sichern Planungssicherheit; Arbeitnehmer Klarheit und ggf. Zahlung.
Kammertermin: Wenn keine Einigung, folgt Beweisaufnahme (Zeugen, Dokumente, Auswertungen). Für beide Seiten gilt: stringenter Sachvortrag, chronologisch, mit Belegen.
Eilverfahren: In besonderen Konstellationen (z. B. Weiterbeschäftigungsinteresse) kann einstweiliger Rechtsschutz sinnvoll sein.
Formalien/Beteiligung: Fehler bei Betriebs-/Personalratsbeteiligung können durchschlagen.
Krankheitsbedingte Kündigung: Unterbliebenes oder lückenhaftes BEM spricht gegen Verhältnismäßigkeit – Arbeitnehmer prüfen, Arbeitgeber dokumentieren.
Sozialauswahl (betriebsbedingt): Auswahlkriterien und Vergleichsgruppen plausibel darlegen; Ausnahmen begründen.
Fristlose Kündigung & Weiterbeschäftigung: Widerspruchsfreie Strategie, um Annahmeverzugsrisiken zu vermeiden.
Minderleistung: Messbarkeit und Vergleichbarkeit sind der Schlüssel; pauschale Vorwürfe reichen nicht.
Für Arbeitnehmer
Frist notieren (21 Tage ab Zugang).
Belege sichern (Vertrag, Abmahnungen, KPI, Dienstpläne, E-Mails).
Ziele klären (Weiterbeschäftigung, Abfindung, Zeugnis).
Aufhebungsverträge prüfen lassen – keine schnellen Unterschriften.
Termin vereinbaren – gerne vor Ort oder online.
Für Arbeitgeber
Dokumentation ordnen (Gründe, Abmahnungen, Auswahlkriterien, BEM-Akte).
Beteiligung korrekt durchführen (Betriebs-/Personalrat, Fristen, Inhalte).
Zugang der Kündigung beweissicher gestalten.
Prozessrisiken realistisch bewerten; Vergleichsoptionen vorbereiten.
Kommunikationsleitfaden intern abstimmen (Ansprechpartner, Nachfragen, Zeugnisse).
Fazit: In Bremen gelingt eine solide Lösung, wenn beide Seiten früh strukturiert vorgehen: Fristen beachten, Beteiligungsrechte sauber einhalten und die Faktenlage (insbesondere Leistungs-/Krankheits-/Betriebsdaten) prüffähig machen. Der Bremer Praxisfall zur Minderleistung zeigt die Bandbreite – nicht als Automatismus, sondern als Hinweis auf die Bedeutung valider Messgrößen (ArbG Bremen-Bremerhaven, PM v. 14.12.2023). Ergänzend ist die Linie des BAG zu Annahmeverzug bei widersprüchlichem Verhalten zu beachten.
Wenn Sie arbeitsrechtliche Unterstützung oder weitere Informationen benötigen, stehen wir Ihnen gerne an unseren Standorten in Sulingen, Bremen, Osnabrück oder Online zur Verfügung.