Wer sich in einem Strafverfahren wiederfindet, hofft meist auf eine möglichst milde Strafe. Besonders häufig wünschen sich Beschuldigte eine sogenannte Bewährungsstrafe. Doch was bedeutet das eigentlich genau – und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird? Wir erklären, worauf es ankommt und was das Leben auf Bewährung konkret bedeutet. Mit Blick auf unsere Region – Bremen und Umgebung – geben wir auch praktische Hinweise für Betroffene und Angehörige.
1. Bewährungsstrafe – was steckt dahinter?
Eine Bewährungsstrafe bedeutet, dass eine gerichtlich verhängte Freiheitsstrafe nicht in einer Justizvollzugsanstalt verbüßt werden muss. Stattdessen dürfen Verurteilte in Freiheit bleiben – allerdings unter Auflagen und der strengen Kontrolle des Gerichts. Man spricht deshalb auch von einem „Strafvollzug in Freiheit“.
Wichtig ist: Eine Bewährungsstrafe ist kein Freispruch. Die Schuld wurde festgestellt – das Gericht verzichtet jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auf den unmittelbaren Vollzug der Freiheitsstrafe.
2. Wer bekommt überhaupt Bewährung?
Eine Freiheitsstrafe kann nur dann zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn sie nicht länger als zwei Jahre beträgt. Liegt das Strafmaß darüber, ist eine Bewährung gesetzlich ausgeschlossen. Gerade in Bremen zeigt sich, dass Gerichte bei sogenannten Ersttätern:innen – also Personen ohne Vorstrafen – oft Spielraum für eine Bewährung sehen.
Die Entscheidung trifft das Gericht auf Grundlage einer sogenannten Sozialprognose. Hierbei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, etwa:
- Die Persönlichkeit der beschuldigten Person,
- deren Vorleben (z. B. Vorstrafen),
- die Umstände der Tat,
- sowie die familiären und beruflichen Verhältnisse.
Ein:e Beschuldigte:r mit geregeltem Alltag, fester Arbeit und sozialem Rückhalt – etwa durch Familie oder Partnerschaft – hat grundsätzlich bessere Chancen auf Bewährung. Auch ein Täter-Opfer-Ausgleich oder die Wiedergutmachung von Schäden kann positiv gewertet werden. In unserer Kanzlei in Bremen beraten wir regelmäßig Mandant:innen, wie sie diese Aspekte frühzeitig aktiv gestalten können.
3. Wie lange dauert die Bewährungszeit?
Die Dauer der Bewährungszeit wird vom Gericht individuell festgelegt. Dabei ist sie nicht identisch mit der Länge der Freiheitsstrafe. Ein Jahr Freiheitsstrafe kann beispielsweise mit einer Bewährungszeit von zwei bis fünf Jahren verbunden sein.
In dieser Zeit müssen sich Verurteilte straffrei verhalten und die vom Gericht angeordneten Auflagen und Weisungen einhalten. Verstöße oder neue Straftaten können zum Widerruf der Bewährung führen – und damit zur Inhaftierung.
4. Welche Auflagen und Weisungen gibt es?
Ein Leben auf Bewährung ist nicht nur mit der Verpflichtung zur Straffreiheit verbunden. In vielen Fällen werden zusätzliche Auflagen erlassen, z. B.:
- Geldauflagen, die an gemeinnützige Organisationen, die Staatskasse oder als Schadensersatz gezahlt werden,
- gemeinnützige Arbeit, z. B. in sozialen Einrichtungen wie Pflegeheimen oder im Umweltschutz,
- oder auch konkrete Weisungen, etwa:
- Meldepflicht bei einer Bewährungsstelle,
- Verbot des Kontakts zu bestimmten Personen,
- Verpflichtung zur Aufnahme einer Ausbildung oder Beschäftigung,
- oder der Nachweis, seinen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen.
In Bremen arbeiten Gerichte eng mit sozialen Einrichtungen und Trägern zusammen, um sinnvolle und kontrollierbare Maßnahmen für die Bewährungszeit umzusetzen. Diese Maßnahmen sollen einerseits eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft fördern – andererseits aber auch klare Grenzen setzen.
5. Rolle des Bewährungshelfers – Unterstützung oder Kontrolle?
Gerade bei jüngeren Verurteilten oder bei Strafen über neun Monaten wird häufig ein:e Bewährungshelfer:in bestellt. Diese Person begleitet die beschuldigte Person während der gesamten Bewährungszeit und unterstützt sie dabei, ihre Auflagen einzuhalten und sich zu stabilisieren. Der Kontakt ist verpflichtend, kann aber auch entlastend sein – besonders für Menschen, die Orientierung und Struktur benötigen.
In Bremen gibt es spezialisierte Dienste, die in enger Zusammenarbeit mit den Gerichten und unserer Kanzlei dafür sorgen, dass die Kommunikation zwischen Betroffenen und Justiz reibungslos funktioniert.
6. Wann wird die Bewährung widerrufen?
Grobe und beharrliche Verstöße gegen Weisungen oder neue Straftaten während der Bewährungszeit können schwerwiegende Folgen haben: In diesem Fall widerruft das Gericht die Bewährung – die ursprünglich ausgesetzte Freiheitsstrafe muss dann tatsächlich im Gefängnis verbüßt werden.
Auch beharrliche Pflichtverletzungen wie wiederholtes Nichterscheinen zu Meldeterminen, das Unterlassen von Auflagen oder destruktives Verhalten können den Widerruf nach sich ziehen. Besonders kritisch ist es, wenn die neue Straftat während einer laufenden Bewährung begangen wurde – in solchen Fällen ist eine erneute Aussetzung nahezu ausgeschlossen.
Fazit: Bewährung ist eine zweite Chance – keine Straffreiheit
Wer auf Bewährung verurteilt wird, bekommt die Chance, sich außerhalb der Haft zu bewähren – aber auch eine klare Warnung: Es ist ernst, und der Weg zurück in die Gesellschaft erfordert Disziplin, Verlässlichkeit und Mitwirkung.
Gerade im Raum Bremen beraten wir regelmäßig Menschen, die sich in einer solchen Situation befinden. Unsere Erfahrung zeigt: Frühzeitige anwaltliche Unterstützung und eine strukturierte Verteidigungsstrategie können entscheidend dafür sein, ob Bewährung gewährt wird oder nicht.
Als spezialisierte Kanzlei für Strafrecht beraten wir Sie umfassend, wenn Sie mit dem Vorwurf einer Straftat konfrontiert sind oder sich in einem laufenden Strafverfahren befinden. Wenn Sie Unterstützung benötigen oder weitere Fragen zur Möglichkeit einer Bewährungsstrafe haben, kontaktieren Sie uns gerne. Wir stehen Ihnen an unseren Standorten in Sulingen, Bremen, Osnabrück oder Online zur Verfügung.
FAQs zum Thema „Bewährungsstrafe“
1. Was ist der Unterschied zwischen einer Bewährungsstrafe und einem Freispruch?
Ein Freispruch bedeutet, dass keine Schuld festgestellt wurde. Eine Bewährungsstrafe hingegen ist eine ausgesetzte Freiheitsstrafe, bei der die Strafe nicht im Gefängnis, sondern unter Auflagen in Freiheit verbüßt wird.
2. Kann jede Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden?
Nein, nur Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden. Über zwei Jahre ist gesetzlich keine Bewährung möglich.
3. Welche Rolle spielt die Sozialprognose für die Bewährung?
Die Sozialprognose bewertet, ob die verurteilte Person künftig straffrei leben kann. Faktoren wie Vorleben, familiäre Verhältnisse und Einsichtsfähigkeit sind entscheidend.
4. Was passiert, wenn man sich während der Bewährung nicht an Auflagen hält?
Bei Verstößen gegen Auflagen oder neuen Straftaten kann das Gericht die Bewährung widerrufen. In diesem Fall muss die Freiheitsstrafe im Gefängnis verbüßt werden.
5. Wie lange dauert die Bewährungszeit?
Die Bewährungszeit beträgt mindestens zwei und höchstens fünf Jahre – unabhängig von der Dauer der eigentlichen Freiheitsstrafe.