In einer Stadt wie Bremen gehören Graffiti längst zum Stadtbild: An Brückenpfeilern, Bahnhofsmauern oder auf Zügen begegnen sie einem nahezu täglich. Manche Motive zeugen von hoher künstlerischer Kreativität, andere wirken eher wie spontane Kritzeleien oder provozierende Botschaften. Doch was viele nicht wissen: Das Anbringen solcher „Kunstwerke“ ist in den meisten Fällen nicht legal – und kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Doch wann genau macht sich jemand wegen Sachbeschädigung strafbar? Und was droht Sprayer:innen in Bremen wirklich? Wir beleuchten die wichtigsten rechtlichen Aspekte rund ums Thema Graffiti – insbesondere mit Blick auf mögliche Strafen und Verteidigungsstrategien.
1. Graffiti als Straftat: Wo beginnt die Sachbeschädigung?
Die rechtliche Grundlage für die Strafbarkeit von Graffiti findet sich in § 303 des Strafgesetzbuches (StGB). Dort ist geregelt, dass eine „beschädigte“ oder „zerstörte“ Sache fremden Eigentums strafbar ist. Von einer Beschädigung spricht man, wenn eine Sache in ihrer Brauchbarkeit beeinträchtigt wird – beispielsweise ein zerkratztes Auto oder ein zerstörtes Fenster.
Graffiti führt meist nicht zu einer direkten Unbrauchbarkeit, doch seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2005 wird auch das nachhaltige Verändern des Erscheinungsbildes einer fremden Sache unter Strafe gestellt (§ 303 Abs. 2 StGB). Genau das trifft beim Sprayen mit Lackfarben oder dem Anbringen von Stickern zu – selbst dann, wenn die betroffene Fläche technisch gesehen weiterhin nutzbar bleibt.
In Städten wie Bremen, wo viele Flächen im öffentlichen Raum betroffen sind, zeigen sich die Auswirkungen besonders deutlich: Hauseigentümer:innen, Unternehmen oder Verkehrsbetriebe tragen hohe Reinigungskosten – und stellen häufig Strafantrag.
2. Sachbeschädigung ist ein Antragsdelikt
Ein wichtiges Detail: Sachbeschädigung ist grundsätzlich ein sogenanntes Antragsdelikt. Das bedeutet, es muss zunächst ein Strafantrag gestellt werden, bevor Polizei und Staatsanwaltschaft tätig werden. Nur wenn ein besonderes öffentliches Interesse vorliegt – etwa bei politisch motivierten oder großflächigen Sprühaktionen – kann auch ohne Antrag ermittelt werden (§ 303c StGB).
Gerade in Bremen kommt es regelmäßig zu solchen Anzeigen, etwa durch die Deutsche Bahn oder private Eigentümer:innen in Stadtteilen wie Walle, Neustadt oder Hastedt. Hier sollte niemand auf milde Reaktionen hoffen: Die Strafverfolgungsbehörden kennen die Schäden und nehmen sie sehr ernst.
3. Weitere Straftatbestände bei Graffiti
Neben der Sachbeschädigung können durch Graffiti weitere Straftatbestände erfüllt sein – vor allem dann, wenn bestimmte Inhalte dargestellt werden. Beispiele dafür sind:
- Beleidigung (§ 185 StGB): Wenn Personen durch Schriftzüge persönlich angegriffen oder verächtlich gemacht werden.
- Volksverhetzung (§ 130 StGB): Falls zu Gewalt gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgerufen wird.
- Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole (§ 86a StGB): Etwa bei Hakenkreuzen oder anderen verbotenen Zeichen.
Außerdem wird das Sprayen oft mit einem Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) kombiniert – etwa, wenn Sprayer:innen unerlaubt Betriebsgelände, Hinterhöfe oder Bahnanlagen betreten.
4. Strafmaß und Wiederholungstaten
Laut Gesetz droht bei Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Auch der Versuch ist bereits strafbar (§ 303 Abs. 3 StGB). Wie hoch das Strafmaß am Ende ausfällt, hängt von vielen Faktoren ab:
- War es die erste Tat oder eine Wiederholung?
- Wurde öffentliches oder privates Eigentum betroffen?
- Welche Inhalte wurden gesprüht?
- Gab es ein unerlaubtes Betreten von Grundstücken?
In Bremen sehen wir regelmäßig, dass insbesondere wiederholte Taten strenger geahndet werden. Wer sich mehrfach mit dem gleichen „Tag“ an verschiedenen Stellen verewigt, wird schnell zur Zielscheibe von Ermittlungen.
Aber: Die bloße Ähnlichkeit von Schriftzügen reicht nicht für eine Verurteilung. Nur wenn die Beteiligung an einem konkreten Bild oder Tag zweifelsfrei nachgewiesen werden kann – etwa durch eine Festnahme auf frischer Tat – ist eine strafrechtliche Verurteilung möglich.
5. Zivilrechtliche Folgen: Wer zahlt die Reinigung?
Neben dem Strafverfahren können auf Beschuldigte auch zivilrechtliche Forderungen zukommen – etwa auf Schadensersatz oder Kostenerstattung für die Reinigung. Diese Ansprüche werden oft zusätzlich zum Strafverfahren geltend gemacht oder direkt mitverhandelt.
Vor allem bei größeren Schäden – wie an Zugwaggons oder denkmalgeschützten Gebäuden – summieren sich diese Kosten schnell auf mehrere Tausend Euro. In Bremen haben sich einige Eigentümer:innen sogar zu Zusammenschlüssen organisiert, um gemeinsam gegen illegale Graffiti vorzugehen.
6. Besonderheiten bei Jugendlichen und Heranwachsenden
Nicht alle Täter:innen sind volljährig – gerade Graffiti ist unter Jugendlichen weit verbreitet. Kinder unter 14 Jahren sind nach dem Gesetz nicht strafmündig und können nicht strafrechtlich belangt werden. Bei Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren sowie sogenannten Heranwachsenden (18–20 Jahre) gilt das Jugendstrafrecht.
Das bedeutet, das Ziel ist nicht primär die Bestrafung, sondern die erzieherische Einwirkung. Sanktionen können zum Beispiel Arbeitsauflagen oder erzieherische Gespräche sein. In vielen Fällen – etwa, wenn Schule oder Elternhaus bereits Maßnahmen ergriffen haben – kann das Verfahren sogar eingestellt werden.
Was tun beim Vorwurf der Sachbeschädigung durch Graffiti?
Wer in Bremen – oder anderswo – einer Sachbeschädigung durch Graffiti beschuldigt wird, sollte nichts überstürzen. Keine Aussage bei der Polizei – auch nicht, wenn man auf frischer Tat ertappt wurde. Es gilt das Recht zu schweigen. Besser: direkt anwaltliche Unterstützung einholen.
Ein:e erfahrene:r Strafverteidiger:in kann die Beweislage prüfen, Entlastungsmomente finden und eventuell eine Verfahrenseinstellung erreichen – noch bevor es zu einer Anklage kommt. In vielen Fällen lohnt sich eine frühzeitige Verteidigung, um die Auswirkungen auf Ausbildung, Beruf oder Führungszeugnis möglichst gering zu halten.
Fazit: Graffiti kann teuer und strafbar sein
Auch wenn Graffiti in Bremen an vielen Stellen geduldet wird oder gar als Kunstform Anerkennung findet – auf fremdem Eigentum ist es ohne Erlaubnis eine strafbare Handlung. Ob Spraydose, Edding oder Sticker – wer das Stadtbild verändert, ohne gefragt zu werden, muss mit Konsequenzen rechnen. Neben Geld- oder Freiheitsstrafen drohen auch zivilrechtliche Forderungen.
Als spezialisierte Kanzlei im Bereich des Strafrechts stehen wir Ihnen bei einem Vorwurf der Sachbeschädigung oder ähnlichen Vorwürfen jederzeit zur Seite – in Bremen, Sulingen, Osnabrück oder auch online. Kontaktieren Sie uns gern für ein unverbindliches Erstgespräch.
FAQ’s zum Thema Graffiti
1. Ist Graffiti in Bremen grundsätzlich verboten?
Ja – zumindest dann, wenn keine ausdrückliche Erlaubnis der Eigentümer:innen vorliegt. Ansonsten handelt es sich um eine strafbare Sachbeschädigung.
2. Was passiert, wenn ich beim Sprayen erwischt werde?
In der Regel wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Machen Sie keine Aussage und lassen Sie sich anwaltlich beraten.
3. Können auch Jugendliche wegen Graffiti belangt werden?
Ja, allerdings gilt für Jugendliche und Heranwachsende das Jugendstrafrecht. Dieses ist stärker auf Erziehung als auf Bestrafung ausgerichtet.
4. Zahlt die Versicherung bei einem Schaden durch Graffiti?
Manche Gebäudeversicherungen übernehmen die Reinigungskosten – allerdings meist nur, wenn ein Strafantrag gestellt wurde.
5. Reicht ein ähnlicher Schriftzug für eine Verurteilung aus?
Nein – die Staatsanwaltschaft muss beweisen, dass der oder die Beschuldigte konkret für das jeweilige Graffiti verantwortlich war.