Das Instrument der Abmahnung kommt in unterschiedlicher Ausgestaltung in vielen Rechtsbereichen vor. Abmahnungen können sowohl Mieter erhalten, die sich nicht an den Mietvertrag halten, als auch Unternehmer, die unlauter werben, von Mitbewerbern und nicht zuletzt Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern erhalten. Eines haben alle Varianten der Abmahnung aus den unterschiedlichen Rechtskreisen gemeinsam: Es geht in der Abmahnung immer darum, dem Abgemahnten ein Fehlverhalten vor Augen zu führen. Einer Formulierung einer wirksamen arbeitrechtlichen Abmahnungen, um die es in diesem Beitrag geht, gelingt den meisten Arbeitgebern aber erfahrungsgemäß nicht. Denn eine wirksame arbeitsrechtliche Abmahnung muss bestimmt Voraussetzungen erfüllen.

 

Warum wird überhaupt abgemahnt?

Mit der Abmahnung führt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Fehlverhalten vor Augen. Gleichzeitig ist die Abmahnung regelmäßig Voraussetzung für die Wirksamkeit einer verhaltenbedingten Kündigung. Denn eine Kündigung darf als letztes Mittel („ultima ration“) in der Regel nur dann ausgesprochen werden, wenn kein milderes Mittel mehr in Betracht kommt. Ein solches milderes Mittel ist die Abmahnung. Wenn der Arbeitnehmer also keinen groben Verstoß (z.B. Straftat wie Diebstahl oder Körperverletzung zu Lasten des Arbeitgebers) begangen hat, muss der Arbeitgeber vor dem Ausspruch einer fristlosen oder fristgemäßen Kündigung abmahnen.

 

Worauf müssen Arbeitgeber bei der Formulierung einer Abmahnung achten?

Eine Abmahnung ist nur dann wirksam, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

Die formellen Voraussetzungen sind recht einfach einzuhalten. Denn eine Abmahnung kann nicht nur schriftlich, sondern auch in Textform, beispielsweise per E-Mail oder WhatsApp oder sogar mündlich ausgesprochen werden. Wichtig ist nur, dass der Adrssat der Abmahnung klar erkennbar ist und diejenige Person, die die Abmahnung ausspricht, hierzu auch berechtigt ist (z.B. der einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer). Auch wenn eine Abmahnung mündlich ausgesprochen werden kann, ist aus Dokumenations- und Nachweisgründen immer die schriftliche Abmahnung zu empfehlen. Die Zustellung der Abmahnung sollte ebenfalls dokumentiert werden.

Abmahnungen erweisen sich häufig als unwirksam, weil die inhaltlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. VORAUSSETZUNG

Wir empfehlen Arbeitgebern Abmahnungen so kurz und präzise wie möglich zu formulieren. Lange Texte führen schnell zu Fehlern und Ungenauigkeiten mit der Folge, dass der Vorwurf nicht mehr ausreichend deutlich wird und die Abmahnung deshalb unwirksam ist. Denken Sie vor der Formulierung darüber nach, ob in dem Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich nur ein Verstoß oder möglicherweise mehrere kleinere Verfehlungen liegen. Wenn Sie sich unsicher sind, sprechen Sie lieber mehrere Abmahnungen aus, von denen möglicherweise nur einer einer gerichtlichen Überprüfung stand hält, als eine umfassende Abmahnungen, die wegen fehlender Präzision unwirksam ist.

 

Wie sollte man als Arbeitnehmer auf eine Abmahnung reagieren?

Häufig reagieren selbst anwaltlichberatene Arbeitnehmer falsch auf eine Abmahnung. Denn nicht immer sind eine Klage oder eine außergerichtliche Aufforderung, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen, das probate Mittel. Der Grund liegt darin, dass die Abmahnung als Vorbereitung für eine zukünftige Kündigung dient. Hierzu folgendes Beispiel:

Ein von uns vertretener Arbeitgeber hat kürzlich eine Abmahnung ausgesprochen. Hierbei hat sie sich nicht an unserer Empfehlung, den Vorwurf so kurz und präzise wie möglich zu beschreiben, gehalten, sondern hat – was sehr oft vorkommt – ausführlich diverse Vorkomnisse in drei Absätzen dargestellt und lapdiar mit dem Satz abgeschlossen: „Dieses Verhalten stellt einen Verstoß gegen Ihre Arbeitsleistungspflicht das. Wegen des festgestellten Pflichtverstoßes mahnen wir Sie hiermit ab.“ Der Arbeitnehmer hat nun mehrere Reaktionmöglichkeiten. Er kann z.B. gar nicht reagieren, eine Gegenvorstellung zu der Abmahnung abgeben und zur Personalakte nehmen lassen oder alternativ die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen:

  1. Wenn der Arbeitgeber gar nicht reagiert oder nur eine kurze Gegenvorstellung abgibt, passiert Folgendes: Die unwirksame Abmahnung bleibt in der Personalakte. Kommt es erneut zu einem vergleichbaren Verstoß, wird der Arbeitgeber kündigen. Das Arbeitsgericht wird den Sachverhalt prüen und feststellen, dass die Abmahnung unwirksam war mit der Folge, dass die Kündigung als „letztes Mittel“ (s.o.) nicht ausgesprochen werden durfte. Die Kündigung ist deshalb unwirksam und der Arbeitnehmer gewinnt den Kündigungsschutzprozess.
  2. In unserem Beispielsfall hat der Arbeitnehmer jedoch über einen Fachanwalt für Arbeitsrecht die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangt. Daraufhin passierte Folgendes: Wir haben der Mandantin daraufhin geraten, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen und neue – präzisere – Abmahnungen auszusprechen. Wiederholt der Arbeitnehmer nun zukünftig sein Fehlverhalten, muss er mit einer Kündigung rechnen. Da die Abmahnung(en) nun wirksam sind, wird das Arbietsgericht feststellen, dass die Kündigung tatsächlich das letzte Mittel  und eshalb wirksam war. Die Arbeitgeberin gewinnt in diesem Fall den Kündigungsschutzprozess.

Der Arbeitnehmer hätte sich in dem Beispielsfall also besser nicht gegen die Abmahnung zur Wehr gesetzt oder nur eine kurze Gegenvorstellung abgegeben.

Björn Steveker 
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Christian Odebrecht 
Strafverteidiger

Christian Odebrecht 
Strafverteidiger

Björn Steveker 
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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