Die Staatsanwaltschaft ist eine der zentralen Akteur:innen im deutschen Strafverfahren – auch in Bremen. Obwohl sie häufig als „objektivste Behörde der Welt“ bezeichnet wird, handelt es sich bei ihr keineswegs um eine neutrale Instanz. Sie ist vielmehr eine Anklagebehörde, deren Aufgabe es ist, mutmaßliche Straftaten zu verfolgen und vor Gericht zur Anklage zu bringen. Wer selbst von einem Strafverfahren betroffen ist, erlebt die Staatsanwaltschaft selten als „objektiv“, sondern vor allem als konsequent agierende Gegenseite. In diesem Beitrag beleuchten wir die Rolle der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren – mit einem kritischen Blick aus Sicht der Verteidigung.
1. Die „Herrin des Verfahrens“ – eine einseitige Machtposition
Die Staatsanwaltschaft wird oft als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ bezeichnet – und das zu Recht. Sie entscheidet, ob, wie und in welchem Umfang ermittelt wird. Anders als Gerichte ist sie keine unabhängige Instanz, sondern Teil der Exekutive und weisungsgebunden gegenüber der Justizverwaltung – in Bremen also der Senatorin für Justiz und Verfassung. Diese Nähe zur Politik kann mitunter problematisch sein, vor allem bei politisch sensiblen Verfahren.
Ihr Anklagemonopol bedeutet: Nur die Staatsanwaltschaft kann in Strafsachen eine öffentliche Klage erheben. Für Betroffene heißt das: Ob jemand sich vor Gericht verantworten muss oder nicht, hängt maßgeblich vom Ermessen der Staatsanwaltschaft ab.
2. Das Legalitätsprinzip – Verpflichtung zur Strafverfolgung, aber mit Spielraum
Grundsätzlich gilt das sogenannte Legalitätsprinzip: Erhält die Staatsanwaltschaft konkrete Hinweise auf eine mögliche Straftat, ist sie verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Doch die Praxis zeigt: Dieses Prinzip wird nicht immer gleich angewandt. Die Einstellung von Verfahren nach § 153 oder § 170 Abs. 2 StPO ist ebenso häufig wie selektiv – oft kommt es auf die „richtige“ Einordnung durch die zuständige:n Staatsanwält:innen an.
Auch in Bremen lässt sich beobachten, dass Verfahren wegen Bagatelldelikten schnell eingestellt werden können – oder eben nicht. Hier zeigt sich: Rechtssicherheit gibt es nicht immer auf den ersten Blick.
3. Objektivität in der Theorie – Interessensvertretung in der Praxis
Die Staatsanwaltschaft ist zwar gesetzlich verpflichtet, auch entlastende Umstände zu ermitteln. In der Praxis liegt ihr Fokus jedoch naturgemäß auf der Verfolgung von Straftaten. Für die Beschuldigten bedeutet das oft eine einseitige Beweisführung – es wird gesammelt, was die Vorwürfe stützt, nicht unbedingt, was sie entkräftet.
Zwar gibt es in Bremen viele erfahrene und gewissenhafte Staatsanwält:innen, doch gerade in umfangreichen oder komplexen Verfahren werden entlastende Aspekte schnell übersehen oder nicht mit dem gleichen Nachdruck verfolgt wie belastende. Hier setzt die Verteidigung an, um die notwendige Balance herzustellen.
4. Ermittlungsbefugnisse mit hohem Eingriffscharakter
Die Staatsanwaltschaft verfügt über weitreichende Befugnisse: Sie kann Hausdurchsuchungen, Telekommunikationsüberwachung, Beschlagnahmen oder gar den Einsatz verdeckter Ermittler:innen veranlassen – oft mit richterlicher Zustimmung, aber nicht selten auf Grundlage eigener Anträge. Die Schwelle für solche Maßnahmen ist dabei vergleichsweise niedrig.
Im Land Bremen kommt es regelmäßig zu Ermittlungsmaßnahmen, die für die Betroffenen tiefgreifende Konsequenzen haben – etwa bei Drogendelikten, Wirtschaftsstrafsachen oder Gewalttaten. Aus Verteidigersicht sind solche Maßnahmen regelmäßig Anlass zur Überprüfung auf Verhältnismäßigkeit und Rechtmäßigkeit.
5. Auftreten in der Hauptverhandlung und Rolle bei der Vollstreckung
In der Hauptverhandlung tritt die Staatsanwaltschaft als klare Verfahrenspartei auf. Sie bringt die Anklage ein, formuliert Anträge, stellt Beweisanträge – und argumentiert regelmäßig gegen die Interessen der Angeklagten. Der Abschluss jeder Verhandlung ist das Plädoyer der Staatsanwaltschaft, in dem sie meist eine Verurteilung fordert.
Auch nach dem Urteil bleibt die Staatsanwaltschaft präsent: Sie übernimmt die Vollstreckung von Strafen und sorgt dafür, dass Geldstrafen eingezogen, Haftbefehle vollstreckt oder Fahrverbote umgesetzt werden.
Fazit: Eine mächtige Instanz – mit Blick durch die Verteidigungsbrille
Die Staatsanwaltschaft ist kein neutraler Akteur, sondern die Gegenseite im Strafverfahren. Sie verfügt über große Macht und einen erheblichen Einfluss auf den Verfahrensverlauf – von der Einleitung über die Ermittlungen bis hin zur Anklage und Strafvollstreckung. Auch in Bremen gilt: Wer mit der Staatsanwaltschaft konfrontiert ist, sollte sich frühzeitig professionell beraten lassen. Nur so lassen sich Ungleichgewichte ausgleichen und Rechte wirksam verteidigen.
Wenn Sie mit einem strafrechtlichen Vorwurf konfrontiert sind oder ein Ermittlungsverfahren gegen Sie läuft, stehen wir Ihnen als erfahrene Verteidiger:innen zur Seite. Ob in Bremen, Sulingen, Osnabrück oder Online – wir setzen uns konsequent für Ihre Rechte ein und sorgen dafür, dass Ihre Perspektive Gehör findet.
FAQ’s zum Thema Staatsanwaltschaft
1. Ist die Staatsanwaltschaft unabhängig?
Nein. Die Staatsanwaltschaft ist Teil der Exekutive und in Bremen der Justizverwaltung unterstellt. Sie unterliegt damit politischen Weisungen – ein Aspekt, der aus Sicht der Verteidigung kritisch zu betrachten ist.
2. Muss die Staatsanwaltschaft auch entlastende Beweise ermitteln?
Theoretisch ja – das Gesetz verpflichtet sie zur Objektivität. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der Fokus oft auf belastenden Indizien liegt. Hier ist die Verteidigung gefordert, für Ausgleich zu sorgen.
3. Was kann ich tun, wenn gegen mich ein Ermittlungsverfahren läuft?
Nehmen Sie frühzeitig Kontakt zu einer Strafverteidiger:in auf. Bereits in der Anfangsphase lassen sich viele Weichen stellen – etwa durch Akteneinsicht, Stellungnahmen oder Beweisanträge.
4. Kann ich mich gegen Durchsuchungen oder Beschlagnahmen wehren?
Ja. Solche Maßnahmen müssen verhältnismäßig und rechtlich korrekt sein. Als Verteidigung prüfen wir genau, ob die Eingriffe rechtlich haltbar sind – und legen bei Bedarf Beschwerde ein.
5. Wie läuft ein Strafverfahren mit der Staatsanwaltschaft Bremen ab?
In der Regel beginnt es mit Ermittlungen (z. B. durch die Polizei Bremen). Danach entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob Anklage erhoben wird oder das Verfahren eingestellt wird. Bei Anklage folgt die Hauptverhandlung, an der die Staatsanwaltschaft als Verfahrenspartei teilnimmt.